27. SONNTAG IM JAHRESKREIS

Evangelium nach Lukas (17,5-10)

 

„Stärke, vermehre unseren Glauben!“ Was heißt das? Was ist ein „starker“ Glaube? Kann man den Glauben messen? Oder vermehren? Heißt das: Ich habe schon ein bisschen Glauben, aber es soll „mehr“ werden?

Zunächst einmal: Glauben heißt nicht „nicht wissen“, denn um an Gott glauben zu können, muss ich schon einiges über ihn wissen. Glauben heißt auch nicht, eine Reihe von Glaubenssätzen, Vorschriften, Dogmen, Geboten und Verboten für wahr halten. Ich kann mich sogar an die meisten der 10 Gebote halten, ohne an Gott zu glauben. Es gibt Menschen die viel über den Glauben wissen, aber deswegen noch nicht glauben. Bücher über den Glauben zu lesen, sich mit dem Glauben intellektuell auseinanderzusetzen oder sich Glaubenswissen anzueignen, ist notwendig und zu empfehlen. Aber Wissen heißt noch nicht glauben.

Glauben ist immer eine Beziehungsgeschichte. Es heißt: in täglicher innerer Verbindung mit Gott leben. Mein Denken, Fühlen und Handeln von Gott beeinflussen und prägen lassen. Ich habe Vertrauen zu ihm, weil er es gut mit mir meint, mich annimmt, mich liebt. In der lateinischen Sprache heißt glauben: „credere“. In diesem Verb stecken zwei Wörter: „cor“ (Herz) und „dare“ (geben). An Gott glauben heißt also: ihm mein Herz schenken. Glauben ist eine Herzensangelegenheit. „Herz-lich“ mit Gott verbunden sein.

Wenn ich wirklich so ein Vertrauen zu Gott habe, sagt Jesus, dann bin ich zu mehr fähig, als ich selbst annehme. Dann kann ich über meinen eigenen Schatten springen. Dinge, die ich normal für unmöglich halte, trotzdem tun. Dieses Vertrauen zu Gott kann ungeahnte Kräfte in mir freisetzen: Dann ist in mir auch noch Hoffnung, wo alles aussichtslos erscheint. Dann kann ich auch mit gutem Willen auf einen Menschen zugehen, der mir unsympathisch ist, ja dann werde ich sogar fähig, einen Feind zu lieben. Wenn dieser Glaube mich erfüllt, dann verbringe ich meinen Tag im Bewusstsein der Nähe Gottes - bei der Hausarbeit oder im Büro, in der Schule und in meiner Freizeit. Dann erlebe ich meinen Alltag im Gefühl der Geborgenheit bei Gott und im Gefühl der Verantwortung vor Gott.

„Stärke meinen Glauben.“ Es geht dabei auch nicht um eine größere Frömmigkeit, damit der Lohn im Himmel größer wird. Die Pharisäer zur Zeit Jesu sahen das Verhältnis Gottes zu den Menschen als eine Art Vertrag: Ich gebe dir, und du gibst mir. Man müsse Gutes tun, um von Gott dafür belohnt zu werden. Der Mensch habe dann einen Anspruch auf seinen Lohn. Er verdient sich seinen Himmel. Dagegen reagiert Jesus: Es ist selbstverständlich, dass ich mich für die „Sache Gottes“ in dieser Welt einsetze (Ohne nach Lohn und Anerkennung zu fragen). Anderswo sagt Jesus sogar von sich selbst: „Ich bin nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen.“

Im Vertrauen auf Gott setze ich mich für Gottes neue Welt, für sein Reich, ein: im meiner Familie und auch im Pfarrleben, auch wenn meine Möglichkeiten bescheiden und klein sind. Es geht darum in aller Bescheidenheit das zu tun was ich kann, auch wenn das wenig zu sein scheint. Dann tue ich nur meine Schuldigkeit Gott gegenüber, ohne nach Lohn und Anerkennung zu fragen. Das will Jesus mit seinem Beispiel von diesem Knecht sagen, der bedingungslos seinem Herrn dient. Es ist ganz selbstverständlich was er tut. Wenn ich wirklich an Gott glaube, fühle ich mich von ihm eingeladen, mich in seinem Dienst zu stellen.

»Wenn dein Vertrauen auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn“, wenn in dir das Vertrauen zu Gott minimal anwesend ist, dann bist du fähig im Sinne Gottes zu leben und zu handeln.

Habe ich Vertrauen zu Gott? Setze ich in meinem Leben auf Gott, eben weil mir deutlich geworden ist, wie Gott zu mir steht, mich annimmt, mir ein gutes und unzerstörbares Leben verspricht. Ich habe Vertrauen zu ihm. Ich glaube an ihn.

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